bpb.de - Dossier USA - Geschichte - John F. Kennedy (2024)

Die Nachricht von der Ermordung des amerikanischen Präsidenten John F. Kennedy am 22. November 1963 löste weltweit einen Schock aus. Menschen unterschiedlichster Hautfarben, Konfessionen und Weltanschauungen wurden von der Nachricht ergriffen, als sei ein enger persönlicher Freund gestorben. Es war einer der seltenen Momente, in denen die Welt durch ein kollektiv erlebtes Gefühl geeint schien. In West-Berlin war die Trauer besonders tief. Hier war Kennedy noch kurz zuvor, am 26. Juni 1963, der großartigste Empfang seines Lebens bereitet worden. In der geteilten Stadt hatte der US-Präsident seine vielleicht berühmtesten Worte gesprochen: "Ich bin ein Berliner".

Erster "Popstar"-Politiker

Der "Mann für die 60er", wie seine Wahlplakate verkündet hatten, brachte damals einen neuen Stil in die Politik. Mit nur 43 Jahren war der demokratische Senator aus Massachusetts der jüngste Mann, der je ins Weiße Haus gewählt wurde – und damit auch weit jünger als die anderen Staatsmänner seiner Zeit. Seine Jugendlichkeit, sein Charme, seine Intellektualität und die Aufbruchstimmung, die von seiner Administration ausging, sprachen Menschen weltweit an. Kennedy wurde zum ersten "Popstar" unter Amerikas Politikern, und er war der erste Präsident, der sich nahezu perfekt des Mediums Fernsehen bediente. Gemeinsam mit seiner Frau verstand er es, die Präsidentschaft glanzvoll zu inszenieren. Unter der Leitung von Jackie Kennedy erstrahlte das Weiße Haus schnell wieder in alter Pracht und wurde so auch zu einem kulturellen Zentrum des Landes.

Außenpolitik wichtigste Aufgabe seiner Amtszeit

Vor allem die Außenpolitik und internationale Krisen in Kuba und Berlin drückten Kennedys Amtszeit weitgehend den Stempel auf. Der überzeugte Kalte Krieger und Antikommunist wollte Amerika zur unangefochtenen Nummer Eins machen, ob im All oder bei der Anzahl der Atomraketen. Um die Freiheit der West-Berliner zu verteidigen, wäre Kennedy selbst zum Krieg bereit gewesen. Den Bau der Berliner Mauer im August 1961 verurteilten die USA zwar. Doch insgeheim war die US-Regierung erleichtert, weil dies zu einer Stabilisierung Ostdeutschlands beitrug und so die gefährliche Lage in Berlin entspannte. In Vietnam erhöhte Kennedy das militärische Engagement der USA deutlich, auch wenn er wiederholt Forderungen seiner militärischen Berater ablehnte, Bodentruppen in das Land zu schicken.

Erster "heißer Draht" zwischen Washington und Moskau

In den 13 Tagen der Kubakrise im Oktober 1962 stand die Welt am Rand eines Atomkrieges. Und die Kennedy-Regierung hatte eine Mitschuld am Entstehen der damaligen Krise. Um den kubanischen Machthaber Fidel Castro zu stürzen, hatte der US-Präsident im April 1961 einen Invasionsversuch in der kubanischen Schweinebucht genehmigt, der kläglich scheiterte. Später folgten geheime US-Sabotageaktionen gegen Kuba und mehrere Attentatsversuche der Geheimdienste auf Fidel Castro. Nicht zuletzt um eine US-Invasion Kubas zu verhindern, ließ der russische Staatschef Nikita Chruschtschow heimlich sowjetische Atomwaffen auf der nur 150 km vom amerikanischen Festland gelegenen Karibikinsel stationieren. Besorgt darüber, dass sie die Lage nicht mehr völlig unter Kontrolle hatten und ein kleiner, ungewollter Zwischenfall schnell zu einem Dritten Weltkrieg hätte führen können, lenkten Kennedy und Chruschtschow schließlich ein: Gegen das Versprechen, nicht in Kuba zu intervenieren, und gegen die geheime Zusage, US-Atomraketen aus der Türkei abzuziehen, zog die Sowjetunion ihre Raketen schlussendlich von Kuba ab. Das glückliche Ende der Kubakrise ebnete den Weg für entspannungspolitische Initiativen wie ein erstes begrenztes Atomteststopp-Abkommen und die Einrichtung des so genannten heißen Drahtes, einer schnellen und direkten Telegrafenverbindung zwischen Washington und Moskau.

Kennedy inspirierte vor allem die Jungen

Kennedy hatte nur rund tausend Tage, die großen Hoffnungen zu erfüllen, die sein Amtsantritt bei vielen Menschen ausgelöst hatte. Vor allem junge Menschen auf der ganzen Welt fühlten sich persönlich angesprochen von seinen Worten: "Frage nicht, was dein Land für dich tun kann. Frage, was du für dein Land tun kannst." Junge Schwarze in den USA engagierten sich daraufhin beispielsweise im Kampf um die Bürgerrechte. Tausende US-Amerikaner bewarben sich, um im "Peace Corps", einem freiwilligen Entwicklungsdienst, zu arbeiten. Andere gingen freiwillig als Soldaten nach Vietnam und waren bereit, "jeden Preis zu zahlen, um die Freiheit gegen den Kommunismus zu verteidigen", wie es Kennedy in seiner Antrittsrede ebenfalls gefordert hatte.

Wenige innenpolitische Erfolge

Kennedy ist es zu verdanken, dass viele bis dahin wenig beachtete Themen damals ins öffentliche Bewusstsein rückten. Das gilt für die Bekämpfung der Armut, ein Krankenversorgungsprogramm für bedürftige ältere Menschen oder auch die Reform der Einwanderungsgesetzgebung, um das antiquierte Quotensystem abzuschaffen. Wegen des äußerst knappen und umstrittenen Wahlsiegs gegen den republikanischen Präsidentschaftskandidaten Richard Nixon fehlte Kennedy jedoch ein Mandat für weit reichende innenpolitische Reformen. So standen der beeindruckenden Palette an Reformvorschlägen und Initiativen enttäuschend wenige Erfolge gegenüber. Auch bei den Bürgerrechten mangelte es ihm lange an Entschlossenheit. Erst seinem Nachfolger im Präsidentschaftsamt, Lyndon B. Johnson, gelang es, ein groß angelegtes sozialpolitisches Reformprogramm, die Änderung der Einwanderungsrichtlinien sowie das von Kennedy im Sommer 1963 in den Kongress eingebrachte, wichtige Bürgerrechtsgesetz durchzusetzen. Sein Versprechen, das Land wieder in Bewegung zu bringen, hat Kennedy jedoch erfüllt – das vielleicht größte Verdienst seiner Amtszeit.

Kennedy-Mythos bis heute

Hätte Kennedy seine politische Karriere vollenden können, so glauben viele, hätte die amerikanische Geschichte einen anderen, positiveren Verlauf genommen. Von dem, was durch seinen frühen Tod unvollendet und somit für die Menschen unerfüllt blieb, nährt sich der Kennedy-Mythos allerdings bis heute. Nicht abreißende Enthüllungen über Kennedys Krankheiten und Affären, aber auch dunkle Episoden seiner Politik ändern daran nur wenig. "Der Mythos ist sehr oft der Feind der Wahrheit", hatte der ehemalige Geschichtsstudent John F. Kennedy in einer Rede an der Yale University im Juni 1962 erklärt. Sein früher Tod bewahrte ihn vielleicht auch davor, schon zu Lebzeiten entzaubert zu werden.

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